Ostern wird alles neu

27. Mär 2016

Tauferinnerung und Osterbrot in Langenstein

Überall feiern Christen Ostern, Fest des Lebens und der Auferstehung. In Langenstein verband Superintendentin Angelika Zädow die Osterbotschaft mit der Tauferinnerung und der alten Tradition des Osterbrotes -  Zeichen der Weg- und Mahlgemeinschaft.

In ihrer Predigt ging sie auf die Bedeutung der Auferstehung im Hier und Jetzt ein (Predigt nachstehend).

Konstantia Schöps begleitete die große Gemeinde musikalisch. Und vielstimmig erklang ein neues Osterlied "Wo Liebe bei uns einzieht, öffnet sich der Horizont".


Predigt über Markus 16,1-8 von Superintendentin Angelika Zädow

Die Liebe Gottes sei in Euch stärker als alle Furcht und die Hoffnung größer als jedes Verzagen. Amen.

Liebe Gemeinde,

„denn sie fürchteten sich.” Mit diesen vier Worten endet das Markusevangelium.

„denn sie fürchteten sich.” – Schon für die ersten Christen ging das gar nicht. Ostern -  das ist das Fest des Lebens! Alle sollen es hören. Alle sollen sich anstecken lassen von dieser Botschaft: das Leben siegt über den Tod. Und nun das: „denn sie fürchteten sich.” Schon bald wurden deshalb versöhnliche Ostergeschichten angefügt. Erzählungen, die das froh machende der Osterbotschaft heraus stellen.

Wir aber – wir bleiben heute morgen beim ursprünglichen Ende.  „denn sie fürchteten sich.”

Ich habe mich gefragt, wovor sich die drei Frauen eigentlich fürchten. Vor dem Auftrag?: Erzählt es den anderen? Oder dem eigenen Erleben -  ist das Wirklichkeit, was wir erleben oder Traum? Oder vor der Erscheinung des jungen Mannes in weißer Kleidung?

In Gedanken bin ich den Weg der drei Frauen mit gegangen. Maria Magdalena, Salome und Maria machen sich im Licht der aufgehenden Sonne auf den Weg -  im Reisegepäck lediglich zwei Dinge: einmal das Öl. Kostbar ist es, sie haben dafür viel bezahlen müssen. Aber sie wollen unbedingt nachholen, was normalerweise vor der Beerdigung erfolgte. Den Leichnam salben, den Geruch des Todes mit dem Duft des Lebens vertreiben. Und anknüpfen an die Vorstellung vom Salben des Königs. Jesus -  König des neuen Bundes, König der Hoffnung und des Friedens.

Etwas Sinnvolles tun zu können, tröstet über das Gedankendunkel hinweg, das wie Blei in den Gliedern hängt und Schritte und Alltag lähmt. Die Erlebnisse der vergangenen Tage und Wochen schleppen sie mit auf dem Weg zum Grab. Die Irrfahrt der Gefühle – erst triumphaler fröhlicher Einzug in Jerusalem, dann Verhaftung, Hinrichtung und Tod. Bitter schmeckt die Erinnerung.

Den fahlen Geschmack von trauernder Enttäuschung auf der Zunge hängen sie auch auf dem Weg ihren Sorgen nach. Der große schwere Felsklotz vor dem Grabeingang wird zum Symbol. „Wer wälzt uns den Stein weg?“

Ihre Gedanken kreisen um das, was ihren Plan hindert. Sie haben keinen Blick für die Schönheit des neuen Lichtes, unter dem sie in den Ostermorgen hineinlaufen. Ihr Blick ist rückwärts gerichtet auf das, was war.

Sie kommen an. Der Stein ist weg -  sie nehmen das hin -  keine Überraschung, keine Freude -  es ist halt so.

Sie gehen in das Grab und suchen Jesus bei den Toten. Was auch sonst? Die Vergangenheit überschattet das neue, das werden will.

Ein junger Mann in weißem Kleid erwartet sie. Weiß -  Zeichen der Reinheit, Zeichen des Himmels. Er sitzt auf der rechten Seite des Grabes. „Rechts“ ist die dem Leben zugewandte Seite -  der Hoffnung und Zuversicht verheißende Teil der Gegenwart.

Das alles passt nicht zu dem Erinnerungsgepäck, das die drei Frauen mit sich tragen. Sie wundern sich sehr.

„Wundert euch nicht“, sagt der Mann. „Ihr sucht den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ Denn hier geht es nicht um den Tod, sondern das Leben. Hier geht es um die Botschaft, dass Gott Neues entstehen lassen kann und will. Aber nicht mit einem Toten, sondern mit den Worten des Lebenden.

Die Worte des Lebenden hatten sie gehört -  wie alle anderen -  viele Male. Diese Worte von Heil werden, vom Vergeben können, vom "Los werden" der Angst - diese Worte, die das Herz weit machen und Augen und Ohren öffnen für die Schönheit der Welt und des Menschen. Diese Worte voll liebender Zuwendung zu den Schwachen -  ja, sie hatten sie gehört. Und nun hören sie wie es weiter gehen soll.

 „Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“

Ihr seid selber Teil der neuen Wirklichkeit. Ihr seid selber Teil der Auferstehungsbotschaft. Deshalb: Macht Euch auf, erzählt weiter, was ihr erfahren und erkannt habt. Erzählt vom Leben. Erzählt davon, dass der Tod die Hoffnung anstachelt, weil er verwandelt wird. Neues Leben ist möglich, wenn ihr Teil von ihm werdet. Darum geht, kehrt um. Zu den anderen. Nach Galiläa.

Galiläa steht im neuen Testament für die Alltagswelt, während Jerusalem der Ort der Feste und Feiern ist.

Dort im Alltag soll die Botschaft des Lebenden wirksam werden: durch alle, die es weiter sagen und sich in die Geschichte der Auferstehung mit hinein nehmen lassen.

Ostern ist nicht einfach ein historisches Datum, sondern eine fortwährende Entwicklung. Es ist, als gehe die Menschheit von Auferstehung zu Auferstehung. Und wir -  mittendrin – wenn wir es wagen, gemeinsam den Worten des Lebenden zu folgen.

Ja, ich weiß, manchmal ist der Stein in unserem Leben zu groß und zu schwer, als dass wir ihn alleine weg rollen könnten: dieser Stein aus Sorgen und Not, aus Angst und Bitterkeit.

Manchmal scheinen unsere Gedanken magisch von der Vergangenheit angezogen zu werden: als läge das Heil hinter uns. Als wäre nur gut, was einmal war und nicht das, was kommen wird.

Manchmal erfüllen Ohnmacht und Wut unser Herz: dann suchen wir nach jemandem, dem wir die Schuld geben können. Oder wir können nicht mehr abwägen und suchen die schnellen Lösungen.

Wenn der Stein zu groß ist, dann brauchen wir die anderen. Die, die uns das Wort des Lebens neu sagen. Die helfen, quälende Gedanken beiseite zu räumen. Die uns das Wort Gottes neu sagen: damit Platz ist für das, was kommen will: die Auferstehung zum Leben. Darum geht in der Gemeinschaft mit den anderen -  so lautet die Botschaft an die Frauen.

„Da gingen sie hinaus und flohen von dem Grab.“

Die drei -  sie trauen dem Osterfrieden nicht. Noch liegt der große schwere Stein aus Traurigkeit und dem immer schon Gedachten und Erfahrenen vor Augen, Ohren und Herzen. Der Tod ist endgültig. Hoffnungslos die Zukunft.

Was sie erleben, kann nicht sein – sie fliehen vor dem neuen, unglaublichen, nie Gehörten.

„Sie zitterten und waren außer sich. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“

Dennoch berührt die Botschaft sie. Weil mitten in ihrem Leben zwei Welten auf einander treffen: Auferstehung trifft Tod, weiß trifft schwarz, die Wirklichkeit färbt sich im Licht des anbrechenden Morgens. Es wird anders werden.

Doch die Erfahrung von Veränderung kann Angst machen. Einstweilen ist diese Angst bei den Frauen zu groß, als dass die Botschaft mehr als Zittern und ein "das kann nicht sein“ hervorruft. Einstweilen ziehen sie sich zurück und richten sich im Alt Bekannten ein. Lassen die Auferstehungsgeschichte zurück und kehren zum Gewohnten um.

Liebe Gemeinde, gemeinsam kann man sich bestärken und einrichten: in dem Gewohnten wie im Wagnis des neuen Beginns.

Die Frauen damals brauchten noch Zeit -  bis die heilsame Erschütterung durch das Osterlicht durch Zittern und Zaudern zum Weg ins neue Leben führt. Wir wissen nicht, wie es weiter ging mit und bei ihnen.

Der Evangelist Markus lässt sein Evangelium offen. Gott hat mit jedem, der die frohe Botschaft hört, eine eigene Geschichte. Deshalb gibt es nicht EINEN Schluss, sondern VIELE verschiedene Schlüsse: Deinen und meinen und die vielen der anderen. Mit jedem hat einen ganz eigenen Weg aus dem Dunkel ins Licht.

Mit ihm können wir Jesus bei den Lebenden suchen – und finden. Mitten unter uns und in unserem Alltag.

Und wir sind nicht alleine. Andere gehen mit uns. Richten auf, trösten, ermutigen, freuen sich mit uns.

So wird die Botschaft des Osterfestes immer weiter geschrieben: mit lebendigen Menschen. Mit uns und allen, die nach uns kommen.

Was für ein Ausblick: Gott ist mit uns -  gegenwärtig und lebendig in Seinem Wort -  wichtiger und tröstender denn je in diesen Zeiten. Wir können aufstehen und gehen und es weiter sagen: Der Herr ist auferstanden. Amen.

Gottes Licht erleuchte unsere Herzen und unseren Verstand und mache unser Leben hell und freundlich. Amen.

Ostern
Ostern

Fotos: Martin Saß

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