Glaubwürdig leiten

16. Sep 2015

Konvent der GKR - Vorsitzenden

Knapp 30 der ca. 50 ehrenamtlichen GKR-Vorsitzenden des Kirchenkreises hatten sich am 16. September ins Cecilienstift Halberstadt einladen lassen zu dem Thema:

„Glaubwürdig leiten“  Ehrenamtliche Arbeit in kirchlichen Gremien – eine geistliche Leitungsaufgabe?!

Michael Kleemann, Superintendent in Stendal, trug seine Gedanken, Erkenntnisse und Impulse dazu sehr lebendig vor, ging auf die biblischen Grundlagen ebenso ein wie auf kirchenrechtliche Regelungen und eigene Erfahrungen aus seinem Arbeitsbereich und gab so viele Impulse an die Versammelten weiter. Nach-Denkenswert zum Beispiel die Beobachtung: „Wir (in der Kirche) sind stark darin, Beteiligte zu Betroffenen zu machen – besser wäre, wir würden Betroffene zu Beteiligten machen.“

Geschmunzelt werden konnte über eingestreute Karikaturen, doch vor allem ging es darum, Mut zu machen für Leitungsaufgaben in den oft kleinen Gemeinden. Darüber kam es auch zum Austausch in Kleingruppen und beim abschließenden Plenum zeigte sich, dass konkrete Ideen aufgenommen wurden und umgesetzt werden sollen.

Angelika Zädow dankte dem Referenten für sein Kommen und seine Ausführungen und der Superintendentursekretärin Karina Simon für die wie immer liebevolle und sorgfältige Vorbereitung des Treffens.


Zur Eröffnung des Konventes stimmte eine Dialogandacht auf das Thema des Abends ein:

 

Andacht

GKR-Vorsitzenden-Konvent

16. September 2015

 (A = Angelika Zädow; U = Ursula Meckel)

U.:

Sag mal Angelika, Du bist doch hier die Chefin vons Ganze – also die Leiterin?

A.:

Ja, bin ich. Aber natürlich nicht alleine, sondern zusammen mit dem Kreiskirchenrat und den Synodalvertetern, dem Präses, den stellvertretenden Superintendenten, der Referentin, dem Kreiskirchenamt, den Regionalkonventen – und räten, den Gemeindekirchenräten, den Ausschüssen  ….

U.:

Ja, ja, schon klar – weiß ich alles, aber trotzdem: Irgendwie bist Du so etwas wie ein Leithammel – oder eine Leithammelin?  Also jedenfalls hast Du eine Leitungsfunktion, sollst vorneweggehen, wissen wo es lang geht, hast die Richtlinienkompetenz, sollst bestimmen wie die Richtung ist – eben Chefin sein.

A.:

Wenn wir uns darauf einigen, dass die Leithammelin mal vorne, mal hinten und mal in der Mitte geht, dann ja.

U.:

Na gut.  – Was ich eigentlich wissen will ist: Macht Dir das Spaß? Bist Du gerne Chefin? An vorderster Front? Im Rampenlicht?

A.:

Hm … Diese Begriffe mag ich nicht wirklich. Front klingt so nach Krieg. Und glücklicherweise führe ich als Superintendentin keinen Krieg, sondern führe Diskussionen, gehe auch mal in die Auseinandersetzung. Und das Rampenlicht klingt für mich nach Show und Bühne und Applaus. Das hat man im Kirchenkreis eher weniger. Obwohl: Manchmal werde ich gelobt für etwas, was eigentlich andere gemacht haben bzw. was selbstverständlich ist. Das kann schon richtig peinlich sein. Ansonsten vertrete ich den Kirchenkreis in der Öffentlichkeit und kann sagen: Leitung macht mir Spaß, ich mache das ausgesprochen gerne.

U.:

Verstehe ich nicht – aber ich muss ja auch nicht alles verstehen. Über Chefs und Chefinnen wird meist ziemlich schlecht gesprochen und gedacht – schau mal auf die Karikatur auf unserem Liedzettel …

A.:

Die sieht lustig aus, ich kann auch darüber lachen, aber wie eine Eselin fühle ich mich nicht und auch nicht als oben sitzend  - nach dem Bild, würde der Chef alle anderen unter sich begraben -  das kanns doch auch nicht wirklich sein.

U.:

Es gibt eine Menge Witze und Karikaturen über unfähige Chefinnen und Chefs – Sie hätten in der Regel wenig Ahnung – wenig Kompetenzen. Ich erinnere mich, dass ich erst nach der „Wende“ mal als „Chefin“ bezeichnet wurde – von ABM-Kräften – und das fand ich gar nicht gut und wollte es auch nicht sein.

A.:

Warum nicht? War Dir die Verantwortung zu viel? 

U.:

Pah! - Ich finde, das klingt einfach doof – so nach „von oben herab“ und „auf dem hohen Ross sitzen“. Ich möchte nicht, dass jemand zu mir aufsieht und ich möchte zu niemandem aufsehen sollen. Ich bin für gleiche Augenhöhe.

A.:

Also zu mir wird von einigen manchmal Chefin gesagt – übrigens auch von Dir  - und da spüre ich durchaus so etwas wie Respekt, aber immer auch ein Augenzwickern und das gefällt mir.

U.:

Mit Augenzwickern gefällt mir das auch.

A.:

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass die negativen Äußerungen über das Chefsein nicht von den Leitenden kommen, sondern sozusagen von den Geleiteten?

U.:

Ist doch logisch. Wenn mir jemand sagt, ich solle etwas machen, was ich für falsch halte, weil er mein DIENSTVORGESETZTER sei, dann überzeugt mich das nicht und ich fühle mich nicht ernstgenommen. Da wurde mir jemand vor die Nase gesetzt, ohne dass ich das akzeptieren will.

A.:

Das verstehe ich. Aber sag mal, bläst Du nicht mit im Bläserchor in Thale?

U.:

Ja,  vielleicht nicht besonders gut, aber schon sehr lange und sehr gerne.

A.:

Was sagst Du zu der Rolle der Dirigentin?

U.:

Die ist unglaublich wichtig, weil sie das Tempo vorgibt, die Einsätze gibt und das Ganze zusammen fügt und zusammen hält. Sonst gäbe es ein einziges Chaos, wenn jede/r macht, was er oder sie will.

A.:

So sehe ich die Aufgabe eines Leiters oder einer Leiterin. Alles zusammenführen und dabei darauf achten, dass alle ernstgenommen werden mit ihren ganz unterschiedlichen Aufgaben und Anteilen und Fähigkeiten. Ich habe lange ein Orchester geleitet und dabei war ich angewiesen auf die Stimmführer, das Organisationsteam, die Registerführer, die Leiter der Einzelproben, meine Vertreter usw.

U.:

Und was hat das mit denen zu tun, die freiwillig und ehrenamtlich einen Gemeindekirchenrat leiten – den Vorsitz haben – also vorne sitzen, im Blickpunkt sozusagen? Und es dabei zu tun haben mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten? Den Dauerrednern und den Dauerschweigern, den ewig Meckernden und den ungebrochen Optimistischen, denen, die wollen, dass alles bleibt wie es ist und denen, die alles ganz neu und anders machen wollen?

 A.:

Meinst Du, das wäre in irgendeiner anderen Gruppe anders? All das gibt’s in Musikgruppen, in Bibel- und Frauen- und Seniorenkreisen -  also überall dort, wo Menschen zusammen sind. Das Ganze so in der Balance zu halten, dass ein gemeinsames Ziel gut erreicht werden kann -  also DAS ist für mich eine spannende Leitungsaufgabe.

U.:

Was steht eigentlich in der Bibel über Leitende? Ich erinnere mich an das, was Jesus zu Petrus gesagt hat: „Weide meine Lämmer“ – aber ich finde, Schafe zu hüten ist heute kein treffendes und ansprechendes Bild mehr – Gemeinden bestehen doch nicht aus Schäfchen.

A.:

Ne – aber Dompteurin will ich auch nicht sein, auch kein Hütehund… sondern mit Menschen zusammen arbeiten, die das Gleiche wollen wie ich: Mitbauen am Reich Gottes auf seiner, unserer Erde und auch ganz konkrete Vorhaben in den Gemeinden mitgestalten -  in der Stellen- und Gebäudeplanung zum Beispiel. Vor allem aber über allem Alltäglichen den Mut zum Träumen haben -  Visionen zu entwickeln und das Wagnis einzugehen, etwas auch ganz anderes zu machen, als es immer schon war.

U.:

Und das kann dann ja sogar Spaß machen – auch, wenn es nicht immer einfach ist.

Also: Alles klar  - Chefin!

 

 

 

 

 

Kleemann
Esel
Dialog

Fotos:

Karina Simon & Ursula Meckel

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