Den Armen ganz nah

10. Mär 2023

In der Bibel (Psalm 82:3) heißt es: „Schaffet Recht dem Armen… und helft dem Elenden und Bedürftigen…“

Unsere Partner*innen in Tandala / Tansania warteten sehnsüchtig auf einen Besuch aus Neinstedt. Die Corona Pandemie hatte das unmöglich gemacht. Jetzt waren wir dort. Abseits der größeren Orte in kleinen Dörfern begegneten uns nicht vorstellbare Armutssituationen.

Zum Beispiel ein halbseitig gelähmter und blinder Vater, der von seinem 11-jährigen Sohn versorgt wird. Er kümmert sich ebenso um zwei kleinere Kinder. Die Diakonie Tandala unterstützt die Familie. Eine Mitarbeiterin legt den Mann trocken und fegt den Lehmboden sauber. Der 11-jährige übernimmt Verantwortung, die zu schwer für ihn ist. Aber er trägt sie.

Oder: Ein alter Mann mit zwei erwachsenen geistig behinderten Frauen und einer daran psychisch krank gewordenen Mutter. Dieser Mann lebt mit seiner Familie in einer Lehmhütte. Keine Betten, nur Strohmatten auf dem blanken Boden. Das Leben spielt sich in der „schwarzen Küche“ ab. Die Familie hat nichts und lebt von dem, was der Vater im Garten anbaut.

In der Bibel (Psalm 82:3) heißt es: „Schaffet Recht dem Armen…
und helft dem Elenden und Bedürftigen…“

Der Bibelvers überträgt dem, der von Armut weiß, den Auftrag, für Recht zu sorgen. Das ist schwer. Wir standen wirklich ratlos in den Lehmhütten. Ratlos, weil mit Geld allein, die Würde von Menschen nicht wieder herzustellen ist.

Solche Armutssituationen gibt es in großer Zahl. Mit Spenden aus Deutschland kann geholfen werden. Allerdings nicht allen Betroffenen. Unsere diakonischen Kolleg*innen dort stehen im ethischen Dilemma, an einer Stelle zu helfen und an der anderen nicht.

Mir ist wieder einmal die Stärke unseres Sozialstaates deutlich geworden. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. Auch wir müssen dafür immer wieder Phantasie und Geld aufbringen. Aber wir haben Regeln, die zum Recht verhelfen. Tansania hat diese Regeln nicht. Es gibt den organisierten Sozialstaat nicht. Hilfe in der Not ist privat. Armut ist eine Geißel. Hier unter uns. Und an vielen Stellen der Welt. Sie entwürdigt Menschen. Diese Geißel abzulegen, ist Aufgabe der wohlhabenden Welt. Die Armen müssen wir teilhaben lassen an dem, was uns würdig ist.

Hans Jaekel



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