Wenn ich dorthin komme

24. Nov 2023

Ganz sanft beginnt das Lied, dann kommt zu den Klaviertönen die markante Stimme der amerikanischen Sängerin P!INK dazu:





„Ich denke an dich, wenn ich an die Ewigkeit denke.“ Die folgenden Zeilen widmet sie ihrem Vater, der vor zwei Jahren an Krebs gestorben ist, und verarbeitet in dem Lied „When I get there“ (dt.: Wenn ich dorthin komme) einen Teil ihrer Trauer: „Gibt es da oben eine Bar, in der du schon deinen Stammplatz hast? Wo du mit Freunden sitzt und ihr über das Wetter redet? Gibt es da einen Ort, von wo ihr den Sonnenuntergang anschaut? Oh und gibt es irgendein Lied, das du mir dringend vorspielen musst?“ Als ob sie in einem Gespräch mit ihrem Vater wäre, singt sie von den Fragen, die sie hat: Ob er manchmal an sie denkt? Ob er ihr raten würde, mal langsamer zu machen? Ob er sich da oben gut eingelebt hat? In ihrer Stimme spiegelt sich die Sehnsucht wider, aber P!NK weiß selbst zu gut, dass sie erst dann eine Antwort bekommen wird, wenn sie selbst dorthin kommt.

Ich höre gespannt zu, gleichzeitig tragen mich meine Gedanken fort. Hin zu den Menschen, die an diesem Wochenende an Gräbern stehen und sich an ihre Verstorbenen erinnern. Hin zu den Kindern, die sich auch als Erwachsene manches Mal den Rat und die Nähe ihrer verstorbenen Eltern wünschen. Hin zu den Eltern, die ein Kind verloren haben und darauf hoffen, dass es ihm dort, wo es jetzt ist, gut geht. Und auch hin zu den Menschen, die ich in meinem Leben vermisse. Wie es Ihnen wohl geht?

In diesen Wochen, wo an vielen Orten der Verstorbenen gedacht wird und mit der Advents- und Weihnachtszeit eine besondere Zeit bevorsteht, gehen die Gedanken öfter als sonst zu den Verstorbenen. Wie verlockend ist da der Gedanke, man könnte einfach mal kurz Hallo sagen, miteinander reden, sich den Armen liegen, vielleicht auch letzte Worte nachholen, die nicht gesagt werden konnten, und so die Sehnsucht stillen. Oder wird sie dadurch noch verstärkt?

Das Lied endet langsam. In mir bleiben Schwere und Wehmut zurück, aber auch Dankbarkeit für gemeinsame Zeit, ein Schmunzeln über die eine oder andere markante Eigenheit des Verstorbenen. In mir bleibt aber auch der Trost. Denn schließlich hat Gott ein gemeinsames Leben in der Ewigkeit in Aussicht gestellt. Und bis ich dorthin komme, vertraue ich fest darauf, dass die Toten bei Gott gut aufgehoben und geborgen sind.

Saskia Lieske

Dr. Saskia Lieske

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