Kirche, Politik und Jesus

11. Aug 2023

Weil Kirche sich um Menschen sorgt, kann es ihr nicht egal sein, wenn es unrecht und ungerecht zugeht. Kirche kann also gar nicht anders als auch politisch zu sein.

Ein Leser der Volksstimme ist offenbar verärgert. Er schreibt eine E-Mail an mich als Reaktion auf ein „Wort der Kirchen“. Darin hatte ich meine Bewunderung beschrieben, die ich für Eckart von Hirschhausen empfinde, für seine Gedanken zum Klimawandel und im Besonderen für seine Idee, dass wir als Christen vorangehen und andere mitziehen sollen. Der E-Mail-Schreiber hält mir vor: „Leider haben Sie es versäumt, die Ihnen eingeräumten Zeilen für die Verkündigung des Evangeliums zu nutzen.“

Uns Christen begegnet so etwas öfter. Der Vorwurf lautet: Religion sei Privatsache. Kirche soll sich um Kirche kümmern und keine Politik betreiben. Sie habe den Himmel zu beschreiben anstatt sich in weltlichen Dingen zu verlieren.

Jedes Mal bin ich erstaunt. Als wäre es möglich, Gott und Welt zu trennen? Als ginge das, ein frommes Leben als Christ zu führen und sich einer Meinung zu gesellschaftlichen Dingen zu enthalten? Als wäre das im Sinne Jesu, wenn das Ringen um politische Entscheidungen ohne christliche Positionen vonstatten geht?

Ein Irrweg ist, wenn Kirche selbst politische Macht anstrebt. Das hat es in der Geschichte leider gegeben. Das darf nicht sein. Aber: Weil Kirche sich um Menschen sorgt, kann es ihr nicht egal sein, wenn es unrecht und ungerecht zugeht. Jesus ruft uns zu: „Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt!“ Kirche kann also gar nicht anders als - auch - politisch zu sein.

Richtschnur für unser christliches Handeln ist die Frage: Was würde Jesus dazu sagen? Wie würde er sich entscheiden? Was würde er tun? Die Antworten darauf zeigen, was zu tun ist.

Genau deshalb melden sich Christen, wenn es um Flüchtlinge geht, die Aufnahme suchen. Wir beten darum, dass Krieg beendet wird. Ich protestiere, wenn Menschen diskriminiert werden, die anders denken, anders glauben oder anders lieben. Uns ist es nicht egal, wenn die Ressourcen dieser Welt hemmungslos verbraucht werden, wenn die einen auf Kosten der anderen leben.

Jesus verkündet Gottes Liebe. Sie gilt allen Menschen. Wir dürfen sie nicht einsperren hinter Kirchenmauern. Sie gehört hinein mitten in unsere Welt. Manchmal wird es dann eben politisch.

Jürgen Schilling