Einmal jemanden haben, der zuhört

22. Sep 2023

„Ach!“ Elisabeth stöhnt. Ihr Akku ist leer, das Leben wächst ihr in letzter Zeit über den Kopf. Wie dringend braucht sie jemanden zum Reden!

Jemand, der zuhört, Fragen stellt und Stille aushält. Sie hält das Telefon in ihrer Hand, tippt zögerlich die Nummer ein. Vor der letzten Ziffer stoppt sie, atmet einmal tief durch und hält dann die Löschtaste lange gedrückt. Die Nummer verschwindet wieder aus dem Display. Der Mut hat sie verlassen.

Damals konnten sie offen miteinander reden und waren füreinander da. Dann war der Alltag dazwischengekommen. Sie haben sich ganz allmählich aus den Augen verloren. Jetzt herrschte Funkstille. Elisabeth legt das Telefon wieder zur Seite. „Ach!“ Wie gerne hätte sie sich alles von der Seele geredet! Einmal jemanden haben, der zuhört. Einmal jemanden haben, der sieht, der versteht. Einmal alles, was das Herz schwer macht und die Seele bedrückt, abgeben.

 
In der Bibel wird regelmäßig von dieser Sehnsucht erzählt – und gleich noch der perfekte Zuhörer genannt: Gott! Unzählige Beterinnen und Beter wenden sich, nicht nur in biblischen Zeiten, an Gott mit allen Facetten des Lebens. Sie liegen ihm förmlich in den Ohren. Lob und Dank haben dort ihren Platz, genauso wie Enttäuschungen, Verletzungen und verzweifeltes Klagen.

„Ach Herr, höre!“ Endlich hatte sich auch Elisabeth getraut. Endlich hatte sie ihre Angst überwunden, die Scham abgelegt und sich ein Herz gefasst: Sie hatte angerufen. Nach so vielen Jahren wollten sie sich aussprechen, miteinander Zeit verbringen und ihre Beziehung wiederbeleben.

Sie trafen sich im Park. Anfangs waren sie schüchtern und schwiegen lange. In der Stille spürte Elisabeth langsam: Es ist noch etwas von der alten Beziehung da. Hier sieht mich jemand, hier versteht mich jemand. Es wurde ihr leichter ums Herz. Langsam kamen die Worte, begannen schließlich zu sprudeln. Endlich konnte sie erzählen, was sie bedrückte. Und ihre Freundin hörte ihr zu.

Sie gingen den alten, bekannten Weg und öffneten sich füreinander. Schritt für Schritt wurden sie wieder vertrauter miteinander. Es war, als ob es nie anders war. Endlich gab es jemanden, der ihr zuhörte.

„Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch“ – so ermuntert einer in der Bibel, Petrus genannt, seine Leserinnen und Leser. Er ermutigt, die Sorgen aus der eigenen Hand zu geben und Gott zu nennen. Manchmal merkt man dann bereits: Die Sorgen konnten benannt und ausgesprochen werden. Die Last wird etwas leichter, ein erster Schritt ist gemacht.

Saskia Lieske