Kaputte Osterdeko?

07. Apr 2023

Was wie ein Ende aussieht, kann der Beginn von etwas ganz Neuem sein.

Als ich mit einem Künstlerehepaar durch deren Garten schlenderte, lagen an mehreren Stellen durchaus interessant wirkende Tonscherben und ich stellte bedauernd fest: „Oh, die sind wohl jemandem heruntergefallen.“ Ein verständnisloser, missbilligender Blick traf mich: „Nein, das soll so sein, das ist Kunst.“ Peinlich berührt sah ich mich als Kunstbanausin entlarvt.

Jetzt las ich von einer ganz anderen Begebenheit. An einem Verkaufsstand mit geschmückten Ostereiern erzählte die Verkäuferin: „Zuhause hängen wir immer die kaputt gegangenen Eier auf.“ Die Angesprochene hatte sichtbare Fragezeichen auf der Stirn und deshalb ergänzte die Frau: „Naja, erst bemale ich die ausgeblasenen Eier und danach steche ich das Lochmuster hinein, da kommt es schon mal zu Schwund.“

Etwas verwirrt stellte ich mir einen Osterstrauß mit kaputten Eiern vor und das passte nicht zu meinem Bild von „schöner Osterdeko“.

Andererseits:

Muss nicht alles Sein „kaputt“ gehen, um neu zu werden? Die Eischale muss brechen, wenn das neue Leben zum Vorschein kommen soll. Das Samenkorn muss „sterben“, damit Wachstum und Gedeihen möglich werden. Der Mensch muss sich verwandeln, um neu zu leben.
Muss immer alles perfekt und unveränderbar sein?

Die Botschaft des Osterfestes spricht von der Erfahrung dessen, was kaputt geht in unserem Leben und in unserer Welt: Vergebliche Hoffnung, dunkle Zukunft, zerstörte Orte, versehrte Natur, menschenfeindliche Strukturen.

Da wo alles verloren scheint, da liegt verborgen und klein ein neuer Anfang. Unserer Wahrnehmung nach zunächst noch unsichtbar. Doch aus den Scherben, den Resten und der Asche schafft Gott etwas nie Geahntes, nie Ersehntes, unvorstellbar Neues.

Vielleicht kann ein Strauß mit kaputten Ostereiern doch schöner sein als ich dachte?

Weil auch das Unvollkommene und Verletzte zu unserem Leben gehört. Und weil sich immer wieder zeigt: Was wie ein Ende aussieht, kann der Beginn von etwas ganz Neuem sein.

In diesem Sinn wünsche ich allen ein gesegnetes Osterfest.

Ursula Meckel