Meine Zeit in Gottes Händen

27. Okt 2023

Zeit kann ich genießen oder vertrödeln, ich kann sie sinnvoll nutzen oder verplempern, ich kann sie selbst gestalten oder ich muss Aufgaben erledigen, die mir vorgegeben sind.

In der Nachtvom 28. zum 29. Oktober passiert es wieder, obwohl es viele Menschen und Tiere einfach nur nervt und der Sinn bzw. Unsinn heftig umstritten ist: Die Uhren werden zurückgestellt auf die „Normalzeit“, was immer das sei, denn auch da ist keine Einigung in Sicht.

Jedenfalls habe ich einiges zu tun, denn neben Funk- und anderen digitalen Zeitmessern habe ich noch etliche alte, die per Hand umgestellt werden müssen.

In meinem Wohnzimmer thront eine schöne große Standuhr, über 100 Jahre ist sie alt. Als ich sie vor vielen Jahren erwerben konnte, war ich sehr stolz darauf und bis heute freue ich mich nicht nur an ihrem Anblick, sondern am gleichmäßigen Schwingen des Pendels und dem tiefen, warmen Gongschlag. Wie an meinen anderen alten Uhren bewundere ich die liebevolle Gestaltung der Details. Da war nicht nur die Funktionalität wichtig, sondern auch die äußere Form. Sie waren keine Wegwerfartikel und haben oft das Leben der Besitzenden überdauert.

Manchmal werde ich gefragt, ob mich das nicht nervt – das ständige Ticken und das viertel- bzw. halbstündige Schlagen. Nein, überhaupt nicht!

Abgesehen davon, dass ich es beruhigend und anheimelnd finde, erinnert mich jede Uhr an das langsame, aber stetige und unbeirrbare Vergehen der Zeit, auch meiner Zeit. Der Satz „Ich habe keine Zeit“ wird zwar oft ausgesprochen, ist aber falsch. Ich habe Zeit - 24 Stunden - jeden Tag.

Diese Zeit kann ich genießen oder vertrödeln, ich kann sie sinnvoll nutzen oder verplempern, ich kann sie selbst gestalten oder ich muss Aufgaben erledigen, die mir vorgegeben sind. Ich kann sie mit Freunden oder der Familie verbringen oder allein. Eines kann ich nicht: Ich kann die Zeit weder beschleunigen noch verlangsamen und schon gar nicht anhalten. Sie läßt sich nicht zurückdrehen und nicht wiederholen.

Die Zeit vergeht, unaufhaltsam, gleichmäßig. Wirklich gleichmäßig! Dabei habe ich mal den Eindruck, dass die Zeit stehen bleibt, dann wieder, dass sie dahin jagt. Zuweilen staune ich, wie schnell eine Woche, ein Monat, ein Jahr vergangen ist. Das war doch eben erst…

Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch gegeben ist und ich finde das gut so. Meine Zeit ist begrenzt und nichts dauert ewig; weder die schönen Augenblicke noch die schrecklichen, weder die langweiligen noch die interessanten.
Durch die Uhren werde ich daran erinnert: „Meine Zeit steht in Gottes Händen.“ Ein für mich tröstlicher Gedanke.

Ursula Meckel