Die Freiheit der Person

09. Jun 2024

„Wo alle loben, habt Bedenken. Wo alle spotten, spottet nicht. Wo alle geizen, wagt zu schenken. Wo alles dunkel ist, macht Licht.“ (Lothar Zenetti)

Am Vorabend wichtiger demokratischer Wahlen ist mir der zweite Artikel des Grundgesetzes in besonderer Weise in den Blick geraten. Wie Martin Luther „die Freiheit eines Christenmenschen in Verantwortung vor Gott“ vor 500 Jahren beschrieben hat, so haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes dieses Thema aufgenommen.
Wir Deutschen haben das Recht auf freie Entfaltung unserer Persönlichkeit. Wir können uns ohne Einschränkung entwickeln, wenn wir die Rechte anderer Menschen nicht verletzten.

Die persönliche Freiheit ist das höchste Gut. Sie ist unverletzlich. In dieses Freiheitsrecht darf der Staat nicht eingreifen. Es sei denn, er erlässt spezielle Gesetze, die bestimmte Freiheiten einschränken. Übersetzt heißt das „du kannst alles tun, was nicht verboten ist“ und „du kannst alles tun, ohne jemandem Schaden zuzufügen“. Ich halte dieses staatlich eingeräumte Recht für sehr weit reichend. In welchem Land dieser verrückten Welt, wird den Bürgern die freie Entwicklung seiner und ihrer Persönlichkeit so weitreichend zugetraut?

Der Staat traut uns offensichtlich mehr zu, als manche unter uns glauben. Auch uns Ostdeutschen. Ich habe die Freiheit zu denken und sagen, zu fühlen und zu bezweifeln. Diese Freiheit habe ich vor gut 30 Jahren gewonnen. Wer sich frei fühlt, hat gelernt zu argumentieren und zu überzeugen und Kompromisse zu schließen. Der hat gelernt, dem anderen zu zuhören und sich in die andere Denkwelt hinzuversetzen. Der hat gelernt, der anderen Weltanschauung, dem anderen Glauben, dem anderen Kulturverständnis mit Respekt zu begegnen. Wer sich das nicht traut, ist nicht frei. Der muss dazu lernen.

Glauben Sie bitte nicht, dass ich staatlichen Maßnahmen nicht kritisch begegne. Da gibt es vieles, was ich gern kritisiere: Corona Maßnahmen, Kriegstauglichkeit, Förderpolitik, soziale Benachteiligungen. Aber ich habe die Freiheit, es zu tun. Ich möchte mir diese Freiheit von niemandem nehmen lassen.

Jesus Christus hat uns Christen frei werden lassen, auch die, die nicht glauben können. Die Freiheit eines Christenmenschen besteht darin, alles ohne Einschränkung zu tun, was gottgefällig ist. Ich bin dankbar, dass dieser Gedanke im Grundgesetz tragend ist.


Hans Jaekel