Mächtig

12. Feb 2022

Mächtig ist ein Mensch, dem Macht zugestanden wird, mächtig ebenso eine Institution. Einfluss nehmen und Einfluss zulassen bedingen einander.

Auch Diktatoren holen ja Meinungen ein; sie bedienen sich Nachrichtenübermittler, sie passen daraufhin ihre Maßnahmen an. Das geschieht weitgehend unbemerkt. Zu sehr wirkt die Fassade der Macht. Sie schüchtert ein. So ist erst nach Ende der Diktatur zu erfahren, dass da Einflussmöglichkeiten vorhanden waren. Und wir fragen dann, warum wir nicht mehr Einfluss genommen haben. Wir erkennen rückwirkend die Praxis der Einschüchterung und ärgern uns, dass sie oft funktioniert. Die Frage bleibt Wem geben wir die Macht? Wem gestehen wir die Macht zu, die beansprucht wird?

Hier spätestens fällt uns Christinnen und Christen Jesus ein. Dieses Jesus-Wort ist prominent: Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden (so der Evangelist Matthäus).
Das ist überdimensional. Raum und Zeit, und jede gesellschaftliche Bedingung sind dagegen gering. Was Jesus verkörpert und lehrt, gilt immer. Kennzeichnend ist, dass Eigennutz fehlt.
Hungrigen, Kranken und Schutzlosen soll genüge getan werden. Wer dies für einen Menschen tue, täte es für ihn, Jesus. Ob bewusst oder unbewusst, getan, es gälte ewig.

Mächtig der, dem Macht zugestanden wird. Das kann für uns Jesus sein. Dem wir Macht zugestehen, unsere Seele zu erfüllen, unsern Geist anzutreiben, unser Gewissen zu schärfen.
Da ist es nicht laut. Da gibt es keine Beschimpfung. Da wird Widerspruch benannt, da wird klar gesprochen. Da steht das Kind in der Mitte. Da wird der Kranke verstanden. Da gilt die Bitte der prekär Lebenden. In aller Seelenruhe wird gehandelt. Rahmenbedingungen pressen nicht. Da wird der ungerechte Richter beeinflusst. Hier ist Gottes Macht.

Was ist bei uns mächtig? Wir leben in einer Demokratie, in unserem Staat herrscht Gewaltenteilung. Gerichte treffen unabhängige Entscheidungen, Menschen können sich vielseitiig informieren und Einfluss nehmen. Doch ist die Tendenz des Wegsehens mächtig, wo ein Mensch still leidet. Mächtig wirkt das Überlasten. Einschüchternd wirkt fremde Beschuldigung. Das Gefühl der Ohnmacht bleibt nicht aus.

Zum Sondieren der Einflüsse wünsche ich uns Seelenruhe, Gespräch, Gebet und gesegnete Tage.

Hannah Becker