Lust auf Zukunft

09. Jun 2023

„Die nächsten zehn Jahre entscheiden darüber, ob die Erde für Menschen langfristig bewohnbar bleibt oder nicht.“

Ich bin beeindruckt: Eckart von Hirschhausen beendet seine Karriere als Bühnenmensch. Wir kennen ihn aus dem Fernsehen. In Sendungen wie „Hirschhausens Quiz des Menschen“ brachte er komplizierte Zusammenhänge leicht verständlich nahe. Eines seiner hervorstechenden Merkmale: Der Mann scheint ein grundsätzlich fröhlicher Mensch zu sein. Aus seinen Augen strahlt Freundlichkeit, in den Augenwinkeln sitzt der Schalk.

Nun also zieht er sich von der ganz großen Bühne zurück. In Zukunft wird er sich der von ihm gegründeten Stiftung widmen, sie trägt den Namen „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“.

In einem Beitrag für den Deutschen Evangelischen Kirchentag, der in diesen Tagen in Nürnberg stattfindet, provoziert Hirschhausen. Er schreibt: „Die Kirchen bekommen neuen Zulauf! In den Hitzewellen werden sie sehr gefragte Orte der Kühlung sein.“ Die dicken Wände, die im Winter nicht warm zu bekommen sind, würden zum Überlebensvorteil. Wenn die Sommer der Jahre 2018, 2019 und 2022 im Rückblick zu den kühlsten des Jahrhunderts gehören, würden sich die Menschen in die Kirchen zurückziehen.

Der Gute-Laune-Mensch Eckart von Hirschhausen wird ernst. Er sagt: „Die nächsten zehn Jahre entscheiden darüber, ob die Erde für Menschen langfristig bewohnbar bleibt oder nicht.“ Es sei fahrlässig, ständig die Verantwortung an die nächste Generation abzuschieben. „Was werden uns die Schüler, wenn sie erwachsen sind, weniger verzeihen: Temporär gestiegene Spritpreise oder für immer gestiegene Meeresspiegel?“

Das scheint endlich bei uns angekommen zu sein: Der Klimawandel ist maßgeblich menschengemacht. Was nicht bei uns allen angekommen zu sein scheint: Den Klimawandel stoppen wir nur, wenn wir Gewohntes auf den Prüfstand stellen, auch Liebgewonnenes. Wir aber fragen immer noch: Müssen wir wirklich unsere Öl- und Gasheizungen nach und nach austauschen?

Hirschhausen sagt: „Früher glaubte man, was man nicht wissen konnte. Heute wollen wir nicht glauben, was wir sicher wissen.“

Der Mann ist evangelischer Christ. Und als Christ Optimist. Er sagt: „Für positive Veränderungen braucht es keine absoluten Mehrheiten, es reichen fünf Prozent einer Gesellschaft, Menschen, die sichtbar vorangehen und andere mitziehen.“ Und er sagt: „Der Kern des Christentums ist Nächstenliebe – vielleicht brauchen wir ein neues Wort dafür. Mein Vorschlag: Übernächstenliebe.“ Das meint er zeitlich und räumlich. Er sieht die Verantwortung für den und die, die 5000 Kilometer weit weg sind oder 50 Jahre. Und er ist bereit für die Veränderungen, die uns bevorstehen. Mich beeindruckt das.

Jürgen Schilling