Freimütig

01. Okt 2021

Was hilft es der Seele, dass der Leib ungefangen, frisch und gesund ist, isst, trinkt und lebt, wie er will?

So fragt Martin Luther in seiner Freiheitsschrift vor über fünfhundert Jahren. Recht hat er, Gesundheit und selbstbestimmtes Leben sind ein wunderbarer Zustand. Recht hat er auch, uns in die Richtung innerer Freiheit zu weisen. Ungern erkenne ich, abhängig zu sein, gar verfangen zu sein. Abhängig von Gedankenspielen, die allgegenwärtig sind. Unsicher bin ich, einen Gedanken zu äußern, der bisher ungesagt war. Liege ich denn falsch, frage ich mich.
Dabei helfen Zwischentöne der Gesellschaft, lebendig zu sein. Der Familie und dem Team ebenso. Obwohl die freie Meinungsäußerung durch unser Grundgesetz gedeckt ist, wird sie weniger genutzt als möglich. Das begünstigt dann lautstarke Gruppen, auf den Tisch des öffentlichen Hauses zu hauen und sozusagen die Kinder mit dem Bade auszuschütten.

Ich lerne in der Bibel Propheten kennen. Schaue ich auf Jeremia, so vermute ich, dass nicht sein Wissen um Vorgänge in Stadt, Gemeinde und Land ungewöhnlich ist. Sein freier Mut aber ist es. Er sieht, mit wem sich Menschen aus Gründen eigenen Interesses verbünden, er sieht, dass sie dafür alles einsetzen. sei es Gott, seien es Kinder und Schutzlose. Der Punkt ist: Jeremia spricht es an. Dafür stellt er sich ans Stadttor oder in die Tempelhalle. Da ist manchmal die Tempelwache schnell in Aktion; Verhör und Haft können folgen.
Ich möchte Jeremia und andere Propheten nicht im himmelweiten Abstand von uns sehen. Bei allem Unterschied ihrer geistigen und geistlichen Leistung.

Wie aber werden wir frei innerhalb unsere Abhängigkeit? Wie kommen wir auf den Grund des Lebens, um von dort aus den Tatsachen ins Auge zu sehen? Wie gelangen wir zu freiem Mut?
Viel liegt daran, wie ich Sieg und Niederlage definiere. Wie ich reflektiere, wenn ich Unverständnis, Schweigen oder Skepsis fühle. Wie ich mit Blessuren lebe.

Schlüssel des Lebens ist für mich Christus. Er gibt viel (preis) ohne Angst, zu verlieren. Er steckt ein und streckt die Hand hin. Streitet und findet das Lebenswort. Ich sehe ihn nahe bei Gott. Dass Christus sich nicht von Existenz-Angst abhängig macht, ist sein Sieg. Und unsere Chance, freimütig nach Gottes Prioritäten zu leben.


Ich wünsche Ihnen Gottes Segen
Hannah Becker