Einladung zum Vertrauen

26. Jun 2020

Einander Mut machen in schwierigen Situationen – das gehört zu dem, was wichtig ist in einer Gemeinde und für jedes Miteinander.

Beitrag für die MZ / Quedlinburger Ausgabe / 27. Juni 2020

In der Bibel wird uns eine Geschichte zugemutet, die ganz stark an Anglerlatein erinnert. Da ist die Rede von Fischernetzen, die zu zerreißen drohen, so voll sind sie - und das alles nach einer Nacht vergeblicher Arbeit.
Der Dichter Hemingway erzählt ganz anderes: Von einem Fischer, allein auf dem Meer, hinter sich ein langes Leben; immer mit der vergeblichen Hoffnung auf den großen Fang seines Lebens. Doch als ihm der Riesenfisch ins Netz geht, wird der Erfolg von Raubfischen zunichte gemacht. Eine große Geschichte, die mit Hoffnung beginnt und mit Enttäuschung endet. Eine Geschichte, die mir bekannt vorkommt.

Viele wollten schon vieles erreichen; mit Mut und Fantasie und Einsatz. Und am Ende blieben zerstörte Illusionen. Es macht mutlos, wenn die Erfahrungen über die Hoffnungen siegen.

Die biblische Geschichte vom Fischzug des Petrus beginnt hoffnungslos und sie endet mit einem neuen Anfang. Als Jesus die Fischer auffordert, noch einmal ihre Netze auszuwerfen, konnte das eigentlich gar keinen Erfolg haben. Petrus widerspricht deshalb auch, bis er schließlich sagt: „Auf dein Wort hin will ich es tun.“ Zeichen von beginnendem Vertrauen - und diesmal einem Vertrauen, das nicht enttäuscht wird.

Auf dein Wort hin! Für mich ist das ein ganz starker Satz. Ich denke an Situationen, wo einer nicht mehr weiter weiß und weiter kann und dann kommt ein anderer und sagt ganz überzeugend: Versuche es doch noch einmal – es wird dir schon gelingen.

Einander Mut machen in schwierigen Situationen – das gehört zu dem, was wichtig ist in einer Gemeinde und für jedes Miteinander.
So beginnt Gemeinde. Die ersten Nachfolger werden aus ihrem Alltag herausgerufen. Jesus begegnet da, wo nichts mehr erwartet wird und nichts mehr zu holen scheint. Er lädt ein zum Vertrauen in seine Worte und Werte - damit das Leben neu werden kann.

Es ist schwer, immer neue Anfänge zu wagen. Zu oft enden derartige Versuche wie der des alten Mannes auf dem Meer. Das kennen wir - die Zerstörung zu vieler Hoffnungen haben verletzt - die Wunden sind noch frisch.
Petrus hat seinen Zweifel ausgesprochen - und dann hat er Vertrauen gewagt. Jesus braucht heute genauso wie damals Nachfolgerinnen und Nachfolger. Er wollte Gerechtigkeit und Frieden für alle. Auch für diejenigen, die mitten unter uns unter die Räder geraten. Sie brauchen den Beistand von Menschen, die sich von schlechten Erfahrungen nicht ihre Hoffnungen nehmen lassen.
Manchmal begegnen wir ihnen - und manchmal können wir es selbst sein.

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt