Schlagende Argumente?

23. Jan 2016

Ursula Meckel

Beitrag für die MZ/ Lokalausgabe Quedlinburg  zum 23. Januar  2016

Gedanken zur  Zeit

 

Schlagende Argumente?

Für die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religion gibt es mehrere Abkürzungen: Ev. für Evangelisch, kath. für Katholisch und o.B. für Ohne Bekenntnis. Ohne Bekenntnis? Gibt es das überhaupt?

Konfessionslose Menschen leben viele unter uns. Gibt es tatsächlich nichts, zu dem sie sich bekennen? Fast sieht es so aus, als würden sich immer weniger ein Bekenntnis leisten. Parteien, Vereine und Kirchen klagen über  Mitgliederschwund. Es gibt zwar Interesse für dieses oder jenes, aber sich wirklich auch durch eine Mitgliedschaft dazu zu bekennen, so weit reicht es denn doch nicht.

Eine Scheu, sich zu binden? Politisch, familiär, gesellschaftlich? In vielen Bereichen ist es so, dass Bequemlichkeit und Spaßfaktor höher stehen als ein persönlicher Einsatz und Verbindlichkeit.

Hinzu kommt, wer sich einsetzt, setzt sich aus; macht sich angreifbar und damit  verletzlich. Wer will das schon? Gängige Meinung ist:  Auseinandersetzungen sind anstrengend; besser, ihnen aus dem Wege zu gehen.

Dabei ist es nicht nur spannend, sondern not-wendig und hilfreich, sich mit Menschen anderer Meinung offen und ehrlich auseinanderzusetzen, damit man sich danach wieder zusammensetzen kann, wenn sie denn dazu bereit und fähig sind.

Mir gefällt der Satz: „Die Konfessionen, die Überzeugungen, sind so etwas wie die Falten im Gesicht eines Menschen. Sie wachsen mit ihm. Sie sind lebensnotwendig, für eine Kultur genauso wie für den einzelnen. Damit sich die Spur nicht verliert.“

Allerdings ist wichtig, WIE Menschen sich Andersdenkenden gegenüber verhalten. Zunehmend wird auf Gewalt gesetzt und entsprechend gehandelt. Gewalt gegen in- und ausländische Menschen,  Autos, ganze Straßenzüge oder auch „nur“ verbal mit Hassaufrufen im Internet gegen Politiker, Journalisten, Kirchenleute und andere „Eliten“.

Als wir 1989 auf die Straßen gingen, um gegen ein Unrechtssystem zu protestieren, trugen wir Armbinden mit der Aufschrift „Keine Gewalt“.  Wir wollten sie weder erleiden noch ausüben, weil Gewalt kein Mittel der Überzeugung ist. Daran hat sich nichts geändert, das gilt auch heute für rechte wie für linke Fanatiker.

Eine kleine Geschichte macht das deutlich:

Zwei chinesische Kulis hatten auf der Straße eine hitzige Auseinandersetzung.
Schnell sammelte sich ein Kreis von Neugierigen. Ein englischer Tourist, der auch dabeistand, sagte zu seinem chinesischen Begleiter, dass die beiden wohl bald handgreiflich würden."Das glaube ich nicht", antwortete der Chinese, "denn derjenige, der zuerst zuschlägt, gibt damit zu, dass ihm seine Argumente ausgegangen sind."

 

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt