Reise-Tipps an die Elbe

03. Nov 2015

Matthias Zentner

Eigentlich bin ich ja ganz gern in Dresden… Auch wenn es Montagabend dort jetzt dunkler wird als anderswo - die Stadt vermag durchaus auch zu leuchten. In meinen Augen mehr mit der Kreuz- als mit der Frauenkirche. Für mich wird an der Kreuzkirche das Kreuz mit dem Krieg sichtbar, ist mit den Händen zu greifen, wohin Hetze und Intoleranz führen. Ein Kirchengebäude, das bis heute seine Kriegswunden tapfer trägt, anstatt goldig-glatt zu glänzen und zur Schau zu tragen, dass man nur lang genug warten muss, bis aus schockierendem Schutt wieder schicke Schönheit wird.

Dresden leuchtet: mit montäglichen Gegendemonstranten, mit hilfreichen Händen für die, die gerade unsere Hilfe brauchen, mit einem Militärhistorischen Museum, an dem schon äußerlich erkennbar ist, dass es zu nichts führt, Konflikte gewaltsam lösen zu wollen.

Und mit dem Hygienemuseum, das mir mit seinem Exponat „Der gläsernen Mensch“ noch aus Kindertagen bekannt ist.

Besonders erinnerlich ist mir eine Sonderausstellung zu den 10 Geboten, die ich dort 2004 besuchte. Lange schon von diesem genialen Katalog aus 10 Ge- und Verboten fasziniert, fand ich dort ein Kunstwerk, das mir seither nicht mehr aus dem Kopf geht. Es bebildert den Satz, dass Glaube Berge versetzen kann: 2002 haben das in Peru viele Menschen mit je einer Schaufel in der Hand getan: einen Berg versetzt, Wüstensand umgeschichtet unter Gottes blauem Himmel. „Wir schaffen das!“ höre ich sie rufen und „Yes we can!“.

Wenn es also tatsächlich gelingen kann, Kraft des Glaubens Berge zu versetzen, dann ist mir nicht bange, dass wir Ideen finden, mit denen wir den Krisen unserer Zeit zu Leibe rücken: Dass wir die Ängste der Menschen vor den Veränderungen in unserem Land ernst nehmen und gleichzeitig den Hetzern in den Arm fallen. Dass wir darauf vertrauen, dass Integration gelingen kann und uns gleichzeitig kritische Perspektiven nicht verbieten. Dass wir den Glauben daran nicht verlieren, dass aus ganz kleinem Mut große Veränderungen werden können: nicht umsonst erinnern wir uns am Reformationstag an den Mönch Martin Luther, der vor 498 Jahren die 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug. Ja, nach Wittenberg an der Elbe will ich wieder reisen und mich ermutigen lassen. Und nach Dresden will ich wieder fahren, weil ich mich von dem, was dort montags passiert, nicht entmutigen lassen will.

Wir schaffen das!

 

Pfarrer Matthias Zentner