Ohne Bekenntnis?

15. Sep 2018

Ursula Meckel

Beitrag für die MZ / Lokalausgabe Quedlinburg zum 15. September 2018
Gedanken zur Zeit


Wenn ein Paar zu mir kommt, das sich trauen lassen möchte, frage ich unter anderem nach der Konfession. Für die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religion gibt es Abkürzungen, zum Beispiel: „Ev.“ für evangelisch, „kath.“ für katholisch und „o.B.“ für ohne Bekenntnis. Ohne Bekenntnis? Gibt es das überhaupt?

Konfessionslose Menschen leben viele unter uns. Gibt es tatsächlich nichts, zu dem sie sich bekennen? Fast sieht es so aus, als würden sich immer weniger ein Bekenntnis leisten. Parteien, Vereine und Kirchen klagen über Mitgliederschwund. Es gibt zwar Interesse für dieses oder jenes, aber sich wirklich durch eine Mitgliedschaft dazu zu bekennen – so weit reicht es denn oft doch nicht.

Eine Scheu sich zu binden? Politisch, familiär, gesellschaftlich? In vielen Bereichen ist es so, dass Bequemlichkeit und das Bedürfnis nach Sicherheit höher stehen als eine klare Entscheidung – und vor allem nicht für „lebenslänglich“. Niemand weiß ja, ob sie oder er sich morgen noch für das oder den interessiert, was heute so wichtig scheint und auf Dauer geplant ist.
Für Partnerschaften gilt: „Wer den anderen liebt, lässt ihn gelten wie er ist und wie er sein wird.“ Schon der erste Teil ist schwierig. Einander gelten lassen - das fällt oft schwer und deshalb gehen viele Freundschaften und Bindungen auseinander. Ein Bekenntnis hat jedoch nicht nur die Gegenwart im Blick, sondern auch die Zukunft.
Wie Menschen sich entwickeln, weiß niemand von uns im Voraus. Sicher ist nur, dass jeder von uns sich zeitlebens verändert. Und da wird es Dinge geben, die wir voll Freude an anderen wahrnehmen, aber auch Dinge, die uns stören. Das führt unweigerlich zu Auseinandersetzungen.
Auseinandersetzungen sind anstrengend; deshalb versuchen viele Menschen, ihnen aus dem Wege zu gehen. Das gilt im persönlichen wie im gesellschaftlichen Bereich.

Dabei ist es nicht nur spannend, sondern hilfreich, sich mit Menschen anderer Meinung auseinanderzusetzen, damit man sich dann wieder zusammensetzen kann – in der Familie, in Freundschaften, in Vereinen, Parteien und Kirchen.

Mir gefällt der Satz: "Die Konfessionen, die Überzeugungen sind so etwas wie die Falten im Gesicht eines Menschen. Sie wachsen mit ihm. Sie sind lebensnotwendig, für eine Kultur genauso wie für den einzelnen. Damit sich die Spur nicht verliert."
Gut, wenn wir Spuren im Leben hinterlassen.

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt