Meine Zeit in Gottes Händen

23. Jun 2018

Ursula Meckel

Am 26. Oktober ist es wieder so weit: Die Uhren werden zurückgestellt auf die Normalzeit und da habe ich einiges zu tun. Neben Funk- und anderen elektrischen Zeitmessern habe ich noch etliche alte, die per Hand umgestellt werden müssen. Zum Beispiel steht in meinem Wohnzimmer eine schöne große Standuhr, über 100 Jahre ist sie alt. Als ich sie vor vielen Jahren erwerben konnte, war ich sehr stolz darauf und bis heute freue ich mich nicht nur an ihrem Anblick, sondern am gleichmäßigen Schwingen des Pendels und dem tiefen, warmen Gongschlag. Wie an meinen anderen alten Uhren bewundere ich die liebevolle Gestaltung der Details. Da war nicht nur die Funktionalität wichtig, sondern auch die äußere Form. Sie waren nicht als Wegwerfartikel gedacht und haben oft das Leben der Besitzer/innen überdauert.
Manchmal werde ich gefragt, ob mich das nicht nervt – das Ticken und das Schlagen. Nein, überhaupt nicht.
Abgesehen davon, dass ich es beruhigend und anheimelnd finde, erinnert mich jede Uhr an das langsame aber stetige und unbeirrbare Vergehen der Zeit, auch meiner Zeit.  Der Satz „Ich habe keine Zeit“ wird zwar oft ausgesprochen, ist aber falsch. Ich habe Zeit – 24 Stunden an jedem Tag.
Diese Zeit kann ich genießen oder vertrödeln, ich kann sie sinnvoll nutzen oder verplempern, ich kann sie selbst gestalten oder ich muss Aufgaben erledigen, die mir vorgegeben sind – ich kann sie mit Freunden oder der Familie verbringen oder allein - eines kann ich nicht: Ich kann die Zeit weder beschleunigen noch verlangsamen und schon gar nicht anhalten.
Die Zeit vergeht – unaufhaltsam, gleichmäßig. Wirklich gleichmäßig! Dabei habe ich mal den Eindruck, dass die Zeit stehen bleibt, dann wieder, dass sie dahin jagt.
Für Kinder können fünf Minuten unendlich wichtig sein, die sie länger aufbleiben dürfen – ich staune, wie schnell eine Woche, ein Monat, ein Jahr vergangen ist. Das war doch eben erst.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch gegeben ist und ich finde das gut so.  Ich weiß, dass meine Zeit begrenzt ist und dass nichts ewig dauert – weder die schönen Augenblicke noch die schrecklichen, weder die langweiligen noch die interessanten.
Eines weiß ich auch noch und lasse mich durch die Standuhr daran erinnern: Meine Zeit steht in Gottes Händen – für mich ein tröstlicher Gedanke.

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt