Himmelsrichtungen

05. Mai 2016

Arnulf Kaus

Worte aus der Kirche für die Volksstimme

Arnulf Kaus (Evangelischer Pfarrer in Wegeleben)

 

Die sechs Himmelsrichtungen

Normalerweise sprechen wir von vier Himmelrichtungen: Nord, Süd, Ost und West. Genau betrachtet handelt es sich aber um Erdrichtungen. Denn sie sind am Magnetfeld der Erde ausgerichtet. So betrachtet beschreiben sie eine Art zu leben, die keine ist. Sie beziehen sich nur auf das Irdische. Das Vor und Zurück, das Nächstliegende links und rechts. Das, was ich will und kriege, was mein Nachbar hat und darf, was ich sehen und anfassen kann. Es ist ein zweidimensionales Leben. In der Weisheit der Alten aber gab es sechs Himmelsrichtungen: nämlich noch oben und unten, Zenit und Nadir. Erst wenn man so denkt, wird das menschliche Leben dreidimensional. Die entscheidende Dimension ist dabei die nach oben. Nicht Kosten und Nutzen, sondern Grund und Ziel. Martin Luther King soll gesagt haben: „Der Mensch neigt dazu, in den Niederungen zu leben, doch etwas erinnert ihn daran, dass er nicht dafür bestimmt ist. Er steht im Staub, doch etwas erinnert ihn daran, dass er für die Sterne erschaffen ist. Er verfällt der Narrheit und spürt doch, dass er der Ewigkeit erkoren ist.“

Zu Himmelfahrt wird uns diese Dimension als mythologische Geschichte präsentiert: Christus geht in den Himmel. Und wir haben daran Anteil. Der Himmel ist nicht ein ferner Ort ganz weit oben. Sondern er beginnt hier, wo ein Mensch sein Haupt erhebt, wo er den aufrechten Gang übt und wo er sich ausstreckt nach dem Höheren. Du bist kein Erdenkloß, sondern ein Gotteskind. Und dein Leben bekommt seine Schönheit von Gott und dem, was er für dich getan hat. Und es bekommt seinen Sinn durch das, was du für ihn tust.

Gott segne dich!