19. Sep 2014
Ursula Meckel
In diesen Tagen werden an vielen Orten Erntefeste gefeiert. Menschen kommen zusammen und freuen sich an dem, was geerntet wurde und Augen, Herzen und Sinne anspricht.
In den Kirchen wird das ErnteDANKfest
begangen und das ist noch etwas mehr. Bevor jemand zum Danken kommt, muss
nachgedacht worden sein. Eine gute Ernte ist mehr als das Ergebnis sorgfältiger
Arbeit und Pflege: Ohne Sonne und Regen, ohne den Segen Gottes, wird keine
Ernte gelingen.
Erntedankfest war früher eines der
ganz großen Feste in unseren Gemeinden. Inzwischen ist es weniger wichtig
geworden, weil die meisten von uns mit dem direkten Ernten immer weniger zu tun
haben. Wir kaufen unsere Lebensmittel das ganze Jahr über in Geschäften und auf
Märkten. Saat und Ernte, Frost und
Hitze, Sommer und Winter betreffen uns nicht mehr direkt.
Erntedankfest: Was läge auf dem Altar, wenn wir nicht Früchte des Feldes und der Bäume, sondern Früchte unseres persönlichen Jahres dorthin legen würden?
In der Bibel heißt es im Hebräerbrief: „Lobt und dankt und teilt! Teilt eure Zeit, teilt eure Sorgen, teilt eure Erfahrungen, teilt euer Leben - nehmt Anteil aneinander.“
Auch das sind Früchte eines Jahres: Ein liebevoller Blick, eine beruhigende Hand, ein Ohr für ein Gespräch und Worte, die Mut machen; ein Stück des Weges schweigend miteinander gehen.
Das alles gibt es und es ist auch ein
Korb voller Erntegaben: Wir leben von jeder Hingabe und Mühe, von jeder
mitgeteilten Freude und jeder mit ausgehaltenen Angst. Wir leben von jedem
Wort, das eine Sehnsucht stillt und von jedem Blick, der besagt: Du bist etwas
wert, du bist wertvoll.
Ich glaube, dass es viele Gründe gibt,
dankbar zu sein.
Wenn die Ehrenämter nicht aussterben - auch wenn es oft gar nicht als ehrenvoll angesehen wird, was da freiwillig und unentgeltlich geleistet wird - in Kirchengemeinden und Vereinen, bei Feuerwehren oder bei der Telefonseelsorge oder beim Tierschutz. Es gibt die Menschen, die nicht als erstes die Hand aufhalten und fragen: Was kriege ich dafür? Vielleicht wird das nur zu wenig weitererzählt.
Dabei ändern derartige Geschichten etwas an dem Blick, mit dem wir auf andere und auf unseren Alltag schauen. Vielleicht wird dieser Blick dann dem ähnlicher, mit dem Jesus uns ansieht: Bei ihm sind wir angesehene Menschen.
Wenn wir das Leben wirklich teilen, werden wir reich beschenkt.
Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt