Geistes Gegenwart

24. Mai 2015

Ursula Meckel

Kürzlich sagte ein Kind ziemlich enttäuscht zu mir: „Pfingsten ist gar kein richtiges Fest“ – und hat damit ja auch irgendwie recht.

Es gibt keine Geschenke – es gibt kaum typischen Pfingstschmuck zuhause oder in der Kirche – und es gibt auch nichts Richtiges zu erzählen. Geist und Geister sind eben in aller Regel unsichtbar und eher unwirklich.

Mancher weiß vielleicht noch: Fremde kamen sich plötzlich näher und konnten einander verstehen – Feiglinge wurden mutig und Stumme konnten reden – und Unsichere wussten auf einmal wo es langgeht. Pfingsten – Beginn einer großen Veränderung – damals in Jerusalem vor ca. 2. 000 Jahren.

Erinnern wir uns:

Ein Häuflein verängstigter Jünger war zurückgeblieben und saß kleinlaut beisammen. Ihnen war der Inhalt ihres Lebens abhanden gekommen. Die Botschaft von der Auferstehung hatten sie zwar gehört, doch wohl noch nicht so recht verstanden, wie sollten sie auch.  Aber sie waren zusammengeblieben, obwohl  ihr Ansehen schwer gesunken war und die Massen ihnen nicht mehr hinterherliefen.

Dabeibleiben, zusammenbleiben, auch wenn mancher weggeht, auch wenn die Wertschätzung der Kirche sinkt. Ich glaube, das ist jetzt auch noch – oder wieder? - dran.

Damals zu Pfingsten hatte sich das Blatt gewendet, aus dem vermeintlich endgültigen Ende war ein neuer Anfang geworden; den scheinbar Kraftlosen wurde Kraft geschenkt; Heiliger Geist für Geistlose. Er begeisterte so, dass plötzlich Menschen zu reden anfingen, die es sich vorher weder getraut noch zugetraut hätten.

Manchmal hängt das Leben entscheidend davon ab, dass Menschen geistesgegenwärtig das Richtige tun. Diese Geistesgegenwart brauchen wir in unseren Gemeinden.

Es lässt sich leicht sagen: Kirche ist altmodisch und langweilig und nichts für mich und sie stirbt ohnehin bald aus -

ich kann auch sagen: Ich wünsche mir eine lebendige Gemeinde und deshalb bringe ich meine Ideen und Vorstellungen und Phantasien ein – probiere zusammen mit anderen etwas aus – suche nach neuen Wegen – und wenn einer in die Irre führt, suchen wir gemeinsam den nächsten.

Bedroht ist Kirche nicht durch Austritte oder den Verlust von Ansehen und durch Finanznöte. Bedroht ist sie, wenn der Geist nicht mehr spürbar ist, wenn sie geistlos  wird, wenn niemand mehr begeistert ist und niemand sich begeistern lässt!

Gottes Geist hält Hoffnungen und Sehnsüchte am Leben. Er befähigt dazu, den Mund aufzumachen und an Veränderungen zu glauben und sich für sie einzusetzen. Er ermutigt und stiftet Unruhe – er hilft, Fragen zu stellen und Antworten zu finden.

Damals haben Menschen sich in Bewegung bringen lassen. Gottes Geist kann auch uns heute helfen, geistesgegenwärtig zu leben – weder zu beschönigen, noch Welt- oder Kirchenuntergangsstimmung  zu verbreiten.

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt