Gefährlicher Körperteil

17. Sep 2016

Ursula Meckel

Eigentlich ist sie eher klein und unscheinbar und doch kann sie gefährlich sein: Die menschliche Zunge. Sie ist nicht nur zum Schmecken da oder um sie gelegentlich herauszustrecken. Sie kann auch erheblich mehr Schaden anrichten als Fäuste. Mit Worten können andere nachhaltig verletzt werden.

Manchmal geschieht das unabsichtlich und fast jeder wird sich schon dabei ertappt haben: Musste ich das jetzt sagen, hätte ich nicht mal den Mund halten können, war das Lästern nötig?

Schlimmer ist es, wenn ganz absichtlich Lügen verbreitet werden und zu Gewalt aufgehetzt wird. Besonders „gut“ macht sich das anonym, in den sogenannten „sozialen Netzwerken“. Mir erschließt sich nicht, was daran sozial ist, wenn Menschen feige beschimpft werden ohne sich wirksam wehren zu können und der Gegner nicht einmal sein Gesicht und seinen Namen zeigt.

In der Bibel gibt es dazu eine klare Aussage:

„Wer ist ein skrupelloser, bösartiger Mensch? Einer, der umherläuft und Lügen verbreitet; und der mit seinen Gesten und Gebärden andere täuschen will. Sein Herz ist falsch; er hat ständig Böses im Sinn und legt es immer auf Streit an ... Sechs Dinge hasst der Herr und sieben verabscheut er: Augen, die überheblich blicken; eine Zunge, die Lügen verbreitet; Hände, die unschuldige Menschen töten, einen Kopf, der böse Pläne ausheckt, Füße, die loslaufen um Unrecht zu tun; einen Zeugen, der nicht die Wahrheit sagt; und einen Menschen, der Brüder gegeneinander aufhetzt.“ (Sprüche 6; 12-15)

Erschreckend finde ich wie oft Menschen bereit sind auch den größten Unsinn zu glauben und weiter zu verbreiten. Wie viel Angst steckt dahinter? Die Angst, benachteiligt zu sein, Unrecht erleiden zu müssen, übervorteilt zu werden. Das Gefühl weniger wert zu sein als andere und deshalb andere klein machen zu müssen. Eigentlich ist bedauernswert, wer sich so verhält, aber wenn andere dadurch erniedrigt werden hält sich mein Mitleid in Grenzen.

Wer ein gesundes Selbstwertgefühl hat, wer sich geliebt weiß, hat es nicht nötig die Würde anderer  Menschen anzutasten, Vorverurteilungen und Verallgemeinerungen ungeprüft zu verbreiten.

Das Schöne ist, mit Worten kann nicht nur Unheil angerichtet werden, sondern auch viel Gutes: Wertschätzendes sagen, Freundliches weitergeben, Ermutigendes weitererzählen.

Ich kann mit meinem Reden andere stärken, so wie mir immer wieder Hilfreiches zugesprochen wird. Gott sei Dank!

Ursula Meckel

Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt

 

Beitrag für die MZ / Lokalausgabe Quedlinburg  zum 17. September  2016

Gedanken zur  Zeit