Dummheit ist gefährlich

19. Sep 2015

Ursula Meckel

Es ist schon unglaublich was Menschen bereit sind zu glauben, wenn sie es glauben wollen: In Thale wird ein Supermarkt geschlossen und schon geht das Gerücht um, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Mir fällt ein, was Dietrich Bonhoeffer, der von den Nazis ermordete Pfarrer, 1943 geschrieben hat: "Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurückläßt. Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden - in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch -, und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen.“

Demgegenüber finde ich beeindruckend, wie viel Widerstand gegen alle fremdenfeindliche Dummheit sich in unserem Land und auch in unserem Landkreis zeigt, wie viel Hilfsbereitschaft vorhanden ist, mit wie viel Phantasie Aktionen gestartet werden für ein menschenfreundliches WILLKOMMEN derer, die ihr Land verlassen mussten. Ob es Runde Tische oder Aktionsbündnisse oder  Bürgerbündnisse oder Willkommensfeste wie heute in Quedlinburg sind, es gibt nicht nur die Panikmacher und Wutbürger, sondern mehrheitlich diejenigen mit einem gesunden Menschenverstand. Dass sie sich dabei über Parteigrenzen hinweg zusammensetzen ist ein gutes Zeichen.

Im kommenden Jahr werden auch in unserem Landkreis anerkannte Asylbewerber/innen Wohnungen beziehen. Wir haben die Aufgabe und die Chance, das bereits jetzt vorzubereiten, damit Gutgemeintes nicht ins Gegenteil umschlägt: Hilfsbereitschaft muss organisiert und kanalisiert werden, mit gebündelten Kräften kann das gelingen.

In diesen Tagen ging eine bewegende Szene durch die Medien. Ein kleiner Junge wird gefragt, ob in seinem Kindergarten auch Ausländer sind und er antwortet: „Nein, nur Kinder.“

Wenn demnächst gefragt wird „Wohnen bei euch auch Ausländer?“ hoffe ich auf viele, die antworten: „Nein, nur Menschen.“

 

Ursula Meckel, Pastorin im Kirchenkreis Halberstadt

 

Beitrag für die MZ/ Lokalausgabe Quedlinburg  zum 19. September 2015

Gedanken zur  Zeit