Die Passion

30. Mär 2015

Christoph Carstens

Das Geheimnis der Passion ist eigentlich gar keines. Ein paar einfache Informationen genügen schon: Ein angesehener, hoch verehrter Mann – Jesus aus Nazareth – gerät in die Fänge einer nervösen, verunsicherten Macht-Elite, wird angeklagt, abgeurteilt – unter religiösem Vorwand. Christen leben mit dieser seiner Geschichte, tagtäglich bis heute. Ihr Ausgang war den Einen seinerzeit ganz gewiss: Dieser Mann wird zum Schweigen gebracht, und Schluss. Und den Anderen war der Ausgang der Jesus-Geschichte eine Hoffnung, die Hoffnung der Auferstehung vom Tod. Deswegen wird er in den Hoffnungsgeschichten Christus genannt: Hirten-König. So möchte man das gern sagen, auch wenn Hoffnungen heute schnell für etwas Närrisches gehalten werden. Aber vielleicht trifft’s das sogar am besten: Wer auf den – Jesus aus Nazareth – heute eine Hoffnung gibt, ist sicher ganz anders unterwegs als die Leute sonst. Passion heißt also das Aufeinandertreffen von diesem „und Schluss!“ und einer guten Hoffnung. Das ist das ganze Geheimnis. Dagegen ist alles andere nur kleine Mühe: Dass die Geschichte dieses Menschen in der Bibel aufgezeichnet ist, einem Buch, das für manche einfach nur sehr alt, für manche sehr heilig ist – beides ist ja eine gewisse Hürde für den, der Jesus kennenlernen will. Aber eben doch keine wirklich große Mühe. Oder der Umstand, dass Jesus aus Nazareth kein einsamer, exotischer Held oder Friedensbringer war, sondern der tägliche Begleiter, Ratgeber und Helfer für viele Menschen in ihrem Alltag ist. Das liegt nicht einfach auf der Hand. Viele suchen lange und dringend nach diesem Begleiter. Manche finden nie einen wie ihn. Aber auch das ist nur eine kleine Mühe, wenn es doch vielmehr darum geht, das machtvolle, scharfe Urteil und die närrische Hoffnung zueinander zu bringen. Und wenn mich nicht alles täuscht: So, wie wir heute aufgestellt sind, wird uns das immer geheimnisvoll, rätselhaft erscheinen. Nur, lassen Sie sich nicht dazu verleiten, deswegen einfach einen weiten Bogen darum zu schlagen. Gleich an der nächsten Ecke spricht Sie schon wieder jemand an: „Man hat mir gesagt, dass es aus ist. Ich habe aber doch noch Hoffnung?“ Und dann ist es gut, sich im Geheimnis der Passion einigermaßen auszukennen. Nach dem Palmsonntag beginnt die Passionswoche mit dem Karfreitag. Gute Gelegenheit, in einer Kirche auf Tuchfühlung zu gehen mit dem Geheimnis, das wohl gar keines ist.

Christoph Carstens